Schulgartenprojekt „Garten – Leben – Lernen“ von Educational Gardening e.V. (EdGar) - Projektbericht 2021

Beim Blütenbasteln © Educational Gardening e.V.

Blühende, bunte Vielfalt mit schwarzer, wertvoller Kohle
Im letzten Jahr ging es in unserem Projekt Garten – Leben – Lernen wieder um biologische Vielfalt und Klima-Gärtnern, natürlich praktisch und handfest! Wie die Blütenvielfalt die Kinder in unseren Gärten verzauberte, wie bunte und geringelte Beten sie staunen ließ und warum wir mit eigens produzierter - und gänzlich farbloser - schwarzer Pflanzenkohle unserem Boden Gutes tun, können Sie nachfolgend erfahren – und natürlich vieles mehr!

Unser Team
In 2021 hatten wir wieder ein tolles und kompetentes Team am Start. Im altbewährten Team ackerten Matthias und Sarah mit den Kindern an der Gelstertalschule in Hundelshausen. An der Kesperschule in Witzenhausen hatten wir wiederum ein runderneuertes Team: mit Leonie leitete hier nun erstmals eine gelernte Erzieherin mit viel gärtnerischer Erfahrung das Projekt und erhielt Unterstützung von Anna. Mit Steffen und Leila standen uns zwei Ehemalige Kolleg*innen bei Bedarf als Springer*in zur Verfügung. Malte übernahm wie gewohnt die Gesamtkoordination der Projekte und kümmerte sich um unser mobiles Gewächshaus EdGar.

Die zweite Saison der Pandemie
Direkt zu Jahresbeginn forderte uns der zweite pandemiebedingte Lockdown und die ersten Wochen verliefen stotternd. Die Regeln wechselten immer wieder, über lange Zeit mussten alle selbst im Garten eine Maske tragen. Stetig standen wir im Austausch mit Schulleitung und Gesundheitsamt, wälzten Verordnungen und informierten Eltern. Über lange Zeit, waren die Klassen geteilt. Gerade kurz nach dem Lockdown, haben die Kinder die Zeit draußen im Garten aufgesogen und sehr genossen, wieder untereinander zu sein. Der Garten war zu dieser Zeit wohl der denkbar beste Lernort, in dem die Kinder möglichst unbeschwert sein konnten.

Frühling – wir starten durch!
Zum Glück konnten wir ab Anfang März für den Rest des Jahres durchgängig mit den Kindern im Garten arbeiten und lernen. Sie scharrten förmlich mit den Hufen, die Motivation war groß: "Wann können wir endlich loslegen?" schallte es uns schon nach einer kurzen Einführung entgegen. Also bereiteten wir die Beete, säten und zogen Jungpflanzen vor und legten los. Hier einige Beispiele:

Kartoffeldruck und -versorgung
Wie jedes Jahr gab es an beiden Projektstandorten ein Gemeinschaftsbeet mit Kartoffeln. Mit den geernteten Knollen übten wir uns im Kartoffeldruck und widmeten uns einer rechnerischen Aufgabe: Wie viele Kartoffeln haben wir auf unserer Fläche gelegt, wie viele ernten wir und wie lange reicht die Erntemenge für wie viele Menschen. Erst rauchten die Köpfe, später das Kartoffelfeuer – mmh, lecker!

Teemanufaktur und Gartenästhetik
Neben den frischen Kräutern, die sich großer Beliebtheit erfreuten (z. B. im Kräuterquark mit den Kartoffeln s. o.), widmeten sich die Kinder der Trocknung von Kräutern. Mit großem Eifer wurden verschiedene Arten und Sorten geerntet, gebündelt und getrocknet. Im Herbst zerkleinerten die Kinder die getrockneten Kräuter und erstellten daraus schmackhafte Teemischungen, die natürlich auch ausprobiert wurden. Auffallend schön war dieses Jahr der sommerliche Garten. Überall blühte es in bunten Farben in einer nie dagewesenen Blütenpracht. Lila Trichterwinden rankten sich an den weiß-blühenden Stangenbohnen, bis zu viermeterhohe Sonnenblumen strahlten in sattem Gelb. Wir sammelten und pressten einige Blütenblätter, um sie im späten Herbst zum künstlerischen Gestalten zu nutzen.

Kürbis hui, Tomaten pfui
Dieses Jahr gab es in Hundelshausen wetterbedingt nahezu einen Totalausfall bei den Tomaten. Das war enttäuschend, hatten wir doch ein große Vielfalt vorgezogen und später in die Beete gepflanzt. Der prächtig gewachsene Basilikum erschien fast etwas traurig inmitten der schlappen Tomaten-pflanzen, da er sich so gut mit den runden Früchten versteht. Doch zum Glück gab es andere Kulturen, die dieses Jahr besonders üppig wuchsen: Beeren, Knoblauch, Zwerggurken, Zuckererbsen und Kürbis ernteten die Kinder in Hülle und Fülle. Die herbstliche Kürbissuppe wurde von strahlenden Köch*innen serviert und toppte sogar das Kartoffelfeuer.

Sortenvielfalt, Klima-Gärtnern, Permakultur
Schon Ende 2020 hatte Sarah eine Projektarbeit zur Sortenvielfalt im Gemüsebeet entwickelt und erstmals erprobt. In dieser Saison spielte sie die tolle Lerneinheit mit allen Gruppen durch. Die Kinder lernten die Begriffe Art und Sorte zu unterscheiden, warum eine große Sortenvielfalt gerade in Zeiten des Klimawandels von Bedeutung ist und erforschten die Formen- und Farbenvielfalt von Kartoffeln, Beten und Karotten. Mit Matthias stellten die Kinder Pflanzenkohle her, um den Kompost damit anzureichern. Der Qualm war effektvoll; entscheidend aber die vielen positiven Eigenschaften der Pflanzenkohle bei der Kompostierung: sie bindet Stickstoff, fördert der Humusaufbau im Boden, hat ein großes Wasserspeicherungspotential und stellt Pflanzen und Mikroorganismen Nährstoffe zur Verfügung. Dabei bindet sie langfristig CO2 und Lachgas und wirkt somit dem Klimawandel entgegen – wow! Im Spätherbst legten die Schüler im Dauernieselregen und nach der No-dig-Methode (ohne umgraben) neue Kompostbeete an: Karton wurde auf der Wiese ausgelegt, darauf eine dicke Schicht frischer Kompost ausgebracht. Wir sind gespannt, ob sich im nächsten Jahr die erhofften Effekte einstellen: Unkräuter werden unterdrückt und damit das Jäten in den Folgejahren erleichtert, die obere Erdschicht des Bodens und damit die Mikroorganismen werden nicht gestört.

Ein Hoch auf den Lernort Garten
Neben den oben geschriebenen Vorzügen des Lernorts Garten in Zeiten von Corona, möchten wir diesen wunderbaren Ort an dieser Stelle nochmals besonders feiern. Neben all dem, was die Kinder über Natur, Gärtnern, Ernährung und Nachhaltigkeit lernen, passieren so viele unerwartete Dinge. Beim Graben entdeckten die Kinder ein altes Punktfundament, das verborgen im Beet schlummerte. Die Motivation war riesig, es frei zu legen, die Ausgrabung wurde zu einem festen „Tagesordnungs-punkt“. Drei Monate dauerte es, bis der "Zahn" endlich wackelte. Im Sozialen ist es erstaunlich zu erleben, wie sich einige im Klassenraum besonders „auffällige“ Kinder im Garten entfalten können. Auch hier zeigen sie sich auffällig – weil sie so viel schaffen!

Jahresausklang
Vor Weihnachten machten wir es uns richtig gemütlich: am Feuer, das wir mit Birkenrinde als Zunder entzündeten, genossen wir Punsch, den wir aus unserem selbst gepressten Apfelsaft gemacht hatten. In Hundelshausen beschlossen wir das Jahr mit Kerzenziehen aus Bienenwachs. Rückmeldungen zur Saison 2021? Das Lehrer*innenkollegium war an beiden Schulen begeistert und die Kolleg*innen aus den dritten Klassen freuen sich schon auf die kommende Saison. Viele Kinder deklarierten den Garten als ihr Lieblingsfach oder formulierten es noch direkter: „Warum können wir nicht jeden Tag im Schulgarten sein?“. Diesen Impuls nehmen wir gerne mit in das neue Jahr 2022, für das wir uns viele spannende neue Projekte vorgenommen haben!

 

Im Rahmen des Hessischen Klimaschutzplans fördert das Hessische Umweltministerium das Schulgartenprojekt „Garten – Leben – Lernen“ des Vereins Educational Gardening e.V. Das Projekt ist eine Fortsetzung des seit 2018 geförderten Projekts „Kulinarisch säen – regional, saisonal und global“ und begleitet Grundschülerinnen und Grundschüler beim ökologischen Gärtnern - von der Planung eines Gartens über die Aussaat, Pflege und Ernte bis zur Verarbeitung der Ernteerzeugnisse. Zentral ist die Verwertung der Ernteprodukte: Die Kinder bereiten jede Woche einen Garten-Snack zu und genießen ihn anschließend. Alle Ernteprodukte verarbeiten, konservieren, verkochen die Schülerinnen und Schüler oder bereiten frische Speisen zu. In der Randsaison arbeiten sie an Themen wie Lebensmittelverschwendung, Konsum- und Einkaufsverhalten sowie regionale und saisonale Ernährung.

Eine Besonderheit des Projekts ist das mobile Gewächshaus „EdGar“, welches die gesamte Infrastruktur für die Bewirtschaftung des Schulgartens bereithält. Es dient zum Vorziehen der Jungpflanzen, als Gewächshaus für Kübelpflanzen und zur Trocknung von Ernteerzeugnissen. Darüber hinaus fungiert es als direktes Lernobjekt. Ein Solar-Modul bietet direkte Anknüpfungspunkte an das Thema regenerative Energien und Klima. Der Regenwassertank für die Bewässerung dient der Veranschaulichung von Kreisläufen und Kreislaufwirtschaft. Nicht zuletzt durch die automatische Tröpfchenbewässerung erhalten die Schülerinnen und Schüler Einblick in technische Anwendungen.

Lesen Sie hier die Projektberichte von 2021 und 2019.

Teetrocknung © Educational Gardening e.V.
Junge Paprika im mobilen Gewächshaus © Educational Gardening e.V.