Ablenkung oder pädagogischer Glücksfall?

Vielfach klagen Lehrer/innen darüber, dass die Kinder im Schulgarten nur sehr schwer zu disziplinieren und immer wieder „abgelenkt“ sind. Dies liegt einerseits sicher daran, dass Schulkinder mit „Rausgehen“ immer „Freizeit“ verbinden, d. h. das institutionalisierte Lernen ist für sie untrennbar mit einem Innenraum verbunden. Dies ist aber eine Frage der Gewöhnung / Konditionierung. Und damit lässt sich schon als ein wesentliches erstes Prinzip einer Schulgarten-Didaktik formulieren:

Gehe so oft es geht mit den Kindern in den Schulgarten, damit sich die Schüler/innen an diesen Lernort gewöhnen. Abläufe und Regeln werden so eingeübt, und alle können sich besser auf die Unterrichtsinhalte konzentrieren!

Man muss sich aber auch die Frage stellen, wovon genau die Kinder „abgelenkt“ werden. Es gibt durchaus Aufmerksamkeit hemmende Ablenkung wie z. B. Straßenverkehr oder der Blick in die Klassenzimmer der anderen Klassen. Dies sind Aspekte, die man schon bei der Planung eines Schulgartens berücksichtigen sollte. Es gibt aber auch fördernde „Ablenkung“, wie z. B. reife Erdbeeren im Beet einer anderen Klasse, eine Hummel auf Kollisionskurs, oder ein Baumpilz, der sich an der Sitzgruppe im Grünen Klassenzimmer zu schaffen macht. Wenn Kinder solche Dinge bemerken, sind sie aufmerksam, sind ihre Sinne auf Beobachten, Entdecken, Forschen eingestimmt. Jede dieser „Ablenkungen“ ist im Grunde ein pädagogischer Glücksfall, denn wer diese Anlässe aufgreift, kann auf das Eigeninteresse der Kinder aufbauen, profitiert von der intrinsischen Motivation, die die Kinder antreibt, selbst Entdecktes zu hinterfragen.

Das bewusste und interessierte Wahrnehmen natürlicher Phänomene ist keine „Ablenkung“, sondern ein pädagogischer Anlass!

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